Back to the roots-zurück zum Ursprung...

  

...hört sich abgedroschen und nach einer "Bioprodukte-Werbung" an... stimmt, aber nicht in diesem Fall!

 

Es handelt sich um die unglaubliche Geschichte eines jungen Wieners der sich in eine obdachlose 25-jährige Italienerin verliebt, diese nach 2 Jahren aus den Augen verliert und schließlich nach 25 Jahren wiederfindet!

 

 

Eine Lambrettastory:

Lambretta 150Li, Bj 1959. Dieser Roller ist mir zugelaufen. Man könnte auch sagen er hätte sich optisch aufgedrängt weil er wusste, dass ansonsten sein letztes Stündlein geschlagen hätte. Der sichere Rollertod in der Schrottpresse oder einfach am Schrottplatz abgestellt und vergessen. Aber all das blieb ihr erspart weil ich an diesem schönen Vormittag einen Streifzug durch meinen Bezirk unternahm um der schulischen Tretmühle zu entkommen, ich war 17 Jahre alt und meine gymnasiale Erfolgsgeschichte näherte sich einem unrühmlichen Ende und meine selbstgewählten Schulfreitage wurden immer öfter, weil alles wichtig war – Roller,Musik, Partys, Mädchen- man kennt das ja mit der Pubertät. Schule war jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht weit vorne bei mir. Ich war also im vierten Wiener Gemeindebezirk unterwegs, in meinem Heimatbezirk, wo ich auch einige Homies hatte, obwohl dieser Begriff damals noch gar nicht existent war, hätte man ihn gekannt hätte man ihn vielleicht mit etwas anderen verbunden, aber egal. Es gab jedenfalls viele Rollerfahrer in meinem Bezirk, die Roller,  Vespas natürlich, vornehmlich 50 Spezial, die meisten im damals äußert modernen Italostyle in lebendigen Farben lackiert, mit Kunststoffanbauteilen von Fox. Diese „Foxstreifen“ hatten damals ihre kurze Blütezeit und waren beliebt und nicht teuer. Ein Instant Tuningteil sozusagen. Sie verschwanden aber nach kurzer Zeit glücklicherweise  wieder von der Bildfläche, in letzter Zeit höre ich aber wieder Geschmacksverwirrte danach fragen – diese armen verlorenen Seelen. Meine Spezial war jedenfalls anders. Silber lackiert – jaja mit der Spraydose- mit einem roten Flyscreen und einem Gs Schriftzug auf der Schürze  die verchromten Sturzbügel hatte ich nach kurzer Zeit wieder abmontiert, sie waren unbequem. Beim Fahren weil ich damals schon großgewachsen war, geschätzte 30 Kilo weniger allerdings. Aber auch beim Schrauben weil der Zugang zum Motor stark behindert war. Überhaupt das Schrauben. Ich kam ja nicht aus einem begüterten Elternhaus und musste meinen Roller deswegen selber am Laufen halten. Meine Altzylindersammlung war jedenfalls groß  und hatte bereits einen nennenswerten Umfang bis mir jemand den Tipp mit der Änderung der Vergaserbedüsung gab. Ich war daher andauernd am Werken und musste mir alles selber beibringen, die Schrauber in meinem Freundeskreis waren da auch keine echte Hilfe. Es war ja 1984 und die Informationsflut des www aber auch die mobile Telefonie waren noch nicht erfunden.

Jedenfalls streunte ich an diesem sonnigen  Tag durch meinen Bezirk und ich war wohl gerade am Weg zu meinem damals besten Freund Didi K. er wohnte 2 Gassen weiter und war im Lebensstil gleich motiviert wie ich. Im schulischen ähnlich. Vielleicht sogar noch weniger denn er war schon seit längerem lieber vormittags im Bett als auf der Schulbank. Jedenfalls war ich mir sicher ihn zuhause anzutreffen und ich schlenderte durch eine Gasse als ich an einem alten zweistöckigen Haus vorbeikam welches gerade renoviert wurde. Oder ganz entfernt. Vor ebendiesem Haus stand eine Mulde. Ein großer nach oben offener, mannshoher Container, gedacht zur Entsorgung von  Bauschutt und ähnlichem, über Nacht aber oft zum profanen Mistkübel degradiert, weil es der Wiener Stadtbevölkerung ein liebgewonnenes Hobby ist, diese Container nächtens  mit aller Art von Abfall und anderen Unweglichkeiten zu befüllen. Man muß das wirklich einmal beobachten, nachdem der letzte Bauarbeiter sein Tagwerk beendet hat aber spätestens ab Einbruch der Dunkelheit nähern sich Menschen, auffällig unauffällig mit alten Möbeln, Elektrogeräten und anderen schweren, aber vor allem ansonsten kostenpflichtigen entsorglichen Dingen und befreien sich von ihrer Last – eine Straftat jedenfalls aber auch ein beträchtliches Ärgernis für den Baustellenbetreiber der am nächsten Morgen vor seiner randvollen Mulde steht – mit Fremdmüll befüllt.  Jedenfalls näherte ich mich diesem Container und sah schon aus der Entfernung 2 kleine Räder die oben aus der Mulde schauten. Ich war äußerst erregt denn es waren die Räder eines Motorrollers und im Geiste sah ich mich schon mit meinem neuen Gefährt quadropheniamässig, auf Brighton hinabblickend, das Meer im Sonnenlicht glänzend. Ohne Sturzhelm natürlich, der war damals zwar schon erfunden aber gesetzlich noch nicht zwingend. Ich umkreiste kurz den Container und lief zur nächsten Telefonhütte (auch so ein Relikt aus der Vergangenheit) und rief einen anderen guten Freund Andreas „Fanta“ L. an und bat ihn, mir bei der Bergung und Sicherstellung meines Containerfundes zu helfen. Andi L., wohl auch gerade schulisch Absent, versprach sein umgehendes Erscheinen und so zerrten wir kurz darauf meinen Fund,halb in Hausmüll, halb in Bauschutt begraben aus dem Container und stellten Ihn wieder auf die Räder. Aber was war es, was wir da mit großem Einsatz geborgen hatten. Es war keine Vespa wie ich mir schon ausgemalt hatte, aber es war auch keine Puch oder KTM, die ja damals auch häufig anzutreffen waren. Es war eine alte Italienerin die jemand entsorgt hatte, so wie wenn man heute irgendeinen frühen plastifizierten Motorroller aus den Achtzigern entsorgt, es war eine Lambretta und sie war damals ja erst 25 Jahre alt. Ich war jedenfalls gefesselt von dieser damals mittelalterlichen Dame und in kurzer Zeit hatten wir den Roller fast komplett, es waren alle Karosserieteile vorhanden und in brauchbaren Zustand. Der Motor war noch eingehängt aber bereits geöffnet, Zylinder und Vergaser waren nicht mehr an ihrem Platz und auch nicht  mehr auffindbar. In Summe jedoch war der Roller relativ komplett. Sogar die Fahrzeugpapiere konnte ich nach dem Befragen der Bauarbeiter im Hause auftreiben, der Besitzer wollte jedoch noch 300 Schillinge dafür die ich bereitwillig übergab. Die nächsten Wochen war ich jedenfalls sehr beschäftigt und zerlegte den Roller in seine Einzelteile und lackierte in weiß – türkis, natürlich selber in der Wohnung meines Freundes Didi, eigentlich keine Wohnung, sondern eine zu einem Lager umfunktionierte Wohnung, welche wir auch zum Schrauben nutzten.  Da Lambretta Ersatzteile damals noch schwer aufzutreiben waren, entschloss ich mich zu einer Reise nach Italien, nach Rimini, wo ich Freunde hatte die mir weiterhelfen konnten. Dort waren Teile für Lambrettas noch in rauhen Mengen vorhanden und leicht zu bekommen. Man führte mich auf einen Schrottplatz am Rande von Rimini auf der Hauptdurchzugsstrasse gelegen, wo eine Unmenge an Rollern, aber auch sortenrein getrennte Fahrzeuge, zum Erwerb stand. Von einem riesigen Haufen Lambrettamotoren nahm ich mir einen passenden, kompletten Motor, mit allen Anbauteilen, optisch in brauchbaren Zustand, das Ganze für umgerechnet damals 50 Schillinge. Zurück in Wien reinigte ich den Motor und implantierte ihn in die mittlerweile lackierte Lambretta und brachte das Ganze auch zum Laufen wenn ich auch etwas über die mangelnde Leistung enttäuscht war. Die größten Probleme bereitete mir damals die Fahrzeugelektrik worauf ich die Lambretta zum nahegelegenen Boschdienst beförderte, ein schwerer Fehler den ich (oder besser meine Mutter) mit 8000,- Schillingen bezahlen musste. Die Lambretta war nun einsatzbereit und  ich war stolz wie Oskar -  wenngleich die Fahrdynamik doch zu Wünschen ließ. Am meistens störte mich das schlechte Anstartverhalten,  das ich mit zig neuen Zündkerzen zu beheben versuchte, jedoch  ohne großen Erfolg. Auch die ungedämpfte Vordergabel machte mich nicht froh aber trotzdem hatte ich eine große Freude mit meinem damals  extrem exotischen Fahrzeug. Etwa 2 Jahre blieb die Lambretta in meinem Besitz dann verkaufte ich den Roller an einen Bekannten, der nach einiger Zeit wieder an einen anderen, der wieder an einen anderen, bis die Lambretta irgendwann Mitte der Neunziger von meinem Radar verschwand, angeblich, wie ich erst viel später erfuhr Richtung Steiermark bzw. Burgenland.   Ich hatte meine allererste Lambretta schon längst vergessen als mich ein Freund, Ronny U., vor etwa 4 Jahren anrief und mir von einer – meiner-  Lambretta erzählte, in Teilen zerlegt, ohne Motor, aber mit allen Blechteilen.  Natürlich sagte ich sofort am Telefon zu, wenngleich ich natürlich zugeben muss, dass der Kaufpreis ein echt freundschaftlicher war, und ich ausserdem sowieso nach einem Restaurationsobjekt auf der Suche war. Leider waren zwischenzeitlich Fahrzeug und Papier getrennte Wege gegangen, falls also jemand im Besitze einer alten abgegriffenen  Einzelgenehmigung für eine Lambretta 150LI, Bj 1959 ist, möge er doch bitte prüfen, ob das Fahrzeug in den Achtzigern mal auf meinem Namen zugelassen war. Ich bin natürlich gerne zur Zahlung einer entsprechenden Entschädigungsleitung bereit, könnte aber auch gerne den Tausch gegen einen andere Einzelgenehmigung/Typenschein anbieten.

Und so machte ich mich also zum zweiten Mal daran die Lambretta zu zerlegen, wobei der Roller als allererstes zum Sandstrahlen ging, mittlerweile befanden sich doch schon einige Lackschichten am Fahrzeug. Schwieriger als erwartet stellte sich die Suche nach originalen Ersatzteilen heraus. Obwohl ja mittlerweile alles im Netz erhältlich, war es mir wichtig originale, italienische Teile zu verbauen. Neben meinem gut sortiertem Freundeskreis war mir ein großer Marktplatz besonders behilflich, insbesondere England, wo ich einige originale Teile zu fast günstigen Preisen erstehen konnte. Mein Anspruch war das Fahrzeug weitgehend original bzw. zeitgenössisch aufzubauen.  Die Farbwahl fiel auf eine Farbe aus der VW Palette „Mangogrün“ eine Farbe die VW in den späten 50ern aber auch in den 60ern zum Einsatz brachte.  Ich wollte einfach keine weitere –zweifellos wunderschöne-  2 Färbige Lambretta entstehen lassen, sondern ein Fahrzeug bauen, welches so auch Ende der Fünfziger entstehen hätte können. Die größtenteils originalen Zierteile fand ich in England, Deutschland aber auch in Österreich (Danke Mike!), herzlichen Dank an dieser Stelle für das Biemme Windschild und das Griffset, alles NOS Teile. Der Motor, ein kleines Gehäuse mit einem kleinen Mugello und kurzem Li Getriebe ist mit 16/46 übersetzt. Die Liedoltsheim Kupplung habe ich angeschafft um möglichst wenig Kraftaufwand am Kupplungshebel zu haben, die originale Unterbrecherzündung funktioniert problemlos, der Roller springt am ersten Kick an. Zurzeit ist ein 25er SH Vergaser und ein BGM Auspuff verbaut, mit dem ich leider nicht so zufrieden bin. Ich hatte davor einen italienischen Gori Auspuff am Fahrzeug, welcher eine sehr schöne Leistungsentfaltung hatte, mit einem sehr schönen Drehmoment. Leider mit einer infernalischen Geräuschkulisse. Der BGM kann leider in Sachen Drehmoment überhaupt nicht mit dem Gori mithalten, dreht dafür höher, was ich allerdings nicht brauche. Außerdem ist er auch verhältnismäßig laut. In den nächsten Tagen werde ich einen Ancelotti Clubman ausprobieren, ein Auspuff mit dem ich schon bei einer anderen Lambretta gute Erfahrungen gemacht habe. Ansonsten denke ich noch über die Anschaffung einer anderen Sitzbank nach, die zur Zeit verbaute ist trotz zusätzlicher Schaumstoffpolsterung unbequem, eventuell eine Pegasus Sitzbank, da muss ich mir allerdings noch den nicht unerheblichen Anschaffungspreis  schönreden...

JAN

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